Schon mal gehört?
Diese oder ähnliche Aussagen?
Am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld?

Diesen Bemerkungen sind gerade Patienten mit mittlerer und hinterer Uveitis ausgesetzt.

Sind Ihnen die vielsagenden Blicke der Kollegen aufgefallen?
Das Gerede – oft hinter vorgehaltener Hand?
Die Kollegen, die ihre Giftpfeile abschießen, sobald sie Mehrarbeit leisten müssen. Und das wegen einer „unsichtbaren“ Augengeschichte.

Schnell hat man das Gefühl, „Wiedergutmachung“ leisten zu müssen. Man hat ja schließlich ein Gewissen!

Freilich haben wir alle schon mal einspringen müssen, weil ein Kollege fehlte. Allerdings sind deren Erkrankungen im Normalfall „alltäglicher“.

Mir ist ein Fall bekannt, da wurde einer Frau angeraten zu kündigen, um den Kollegen nicht länger zur Last zu fallen und einem gesunden Menschen Platz zu machen.

Übel ist, dass sich durch das schlechte Sehen Fehler einschleichen. Selbst bei alltäglichen Routinearbeiten kommt es immer wieder dazu – sie fallen dem Betroffenen einfach nicht auf.

Sie werden übersehen!
Die visuelle Leistung ist schlicht überfordert. Und die sonst gewohnten Leistungen sind nicht zu erbringen.

Selbst wenn ein Auge gesund ist und der Visus gut ist, können wir dennoch nicht richtig sehen. Es ist nicht möglich, das fehlende Gesichtsfeld von jetzt auf gleich zu kompensieren – auch nicht von jetzt auf nachher. Es dauert einfach seine Zeit.

Bei einem akuten Schub ist es schlicht nicht möglich, zur Arbeit zu gehen, unweigerlich kommt es zur Krankmeldung.

Die Aussage eines Arbeitgebers war für einen unserer Patienten wie ein Schlag ins Gesicht: „Was heißt, sie sind arbeitsunfähig, sie können momentan nicht gut sehen? Ihr Auge ist entzündet!? Sie haben doch zwei Augen, dann machen sie das eine halt zu.“

Wer in diesem Fall keinen Behindertenstatus hat – der ihm ein wenig Sicherheit gibt – ist arm dran.

Solche Kommentare und Verurteilungen führen dazu, dass man meint, sich rechtfertigen zu müssen – sich schuldig zu fühlen oder noch schlimmer, sich entschuldigen zu wollen.

Dafür, dass man nichts sieht am Auge.

Kann man so etwas glauben? Gibt es wirklich solche Unverfrorenheit?

Uveitispatienten mit einer vorderen Uveitis können von Glück reden, dass sie ein rotes Auge haben: Jeder kann es sehen!
Aber – wer hatte nicht schon mal ein rotes Auge.

Erklärungen, dass man an einer Uveitis erkrankt ist, kann man sich sparen. Meistens kommt die Frage: „Uveitis – was ist das?“. Auf die Antwort, dass es eine Entzündung im Auge ist, folgt prompt die Reaktion:
„Ach ja, das hatte ich auch schon – eine Bindehautentzündung.

Die Bindehautentzündung wird aus der Unwissenheit oft mit Uveitis gleichgestellt.

Über dem ganzen Übel kreist ständig die Angst um den Arbeitsplatz, so dass der Teufelskreis, der Negativstress verursacht, immer wieder neue Schübe auslösen kann und schwer zu durchbrechen ist.
In der Realität bringen nur wenige Vorgesetzte und Kollegen wirkliches Verständnis und Toleranz gegenüber dem Betroffenen auf.

Toleranz – Toleranz ist nicht nur im Arbeitsleben so eine Sache. Im gesamten Umfeld sucht man als Betroffener danach.
z.B. in der Verwandtschaft – In der Verwandtschaft muss man trennen, zwischen dem engeren Familienkreis und der entfernteren Verwandtschaft. Diese sind nicht wirklich sicher einzuordnen, da kommt es doch sehr auf das Miteinander an. Doch auch hier heißt es immer wieder: „Aber man sieht ja nichts!“

Auch die Vermutungen, woher denn diese Entzündungen rühren, sind recht vielseitig. Könnte es nicht Zugluft sein, zu viel Fernsehen, zu viel bei schlechtem Licht gelesen, die offenen Fenster beim Autofahren, vielleicht passt die Brille nicht mehr usw…
Diese Vermutungen haben sich innerhalb meiner Verwandtschaft bis heute – nach 17 Jahren Uveitis – hartnäckig gehalten.
In der entfernteren Verwandtschaft dauert es oft viel länger bis eine Akzeptanz besteht, als es im engeren Familienkreis der Fall ist.

Die Familie bemüht sich, die Krankheit und den Betroffenen zu verstehen, helfend und unterstützend zur Seite zu stehen, was sicher nicht einfach ist.
So ist es für kleinere Kinder nicht immer zu verstehen, warum Mama oder Papa nicht rumtoben und mitspielen können, warum sie/er bei schönem Wetter nicht im Garten spielen wollen. Oder warum kann Mama oder Papa nicht Auto fahren.
Es sind schwierige Zeiten für die Familien.

Wie steht es mit Freunden und Bekannten – anfangs haben auch sie Probleme im Umgang mit der Erkrankung.
„Wie, du kommst nicht mit?“
Sie verstehen nicht, wieso der Kinoabend ein Problem sein kann – aber – wer geht ins Kino, wenn das Leinwandgeschehen nur unscharf und verschwommen zu sehen ist.
Oder warum das allwöchentliche Sportprogramm pausieren muss.
Ebenso alle anderen normalen Aktivitäten, die ein Uveitispatient während eines Schubes hintenanstellen muss.

Jeder Patient reagiert anders auf solche Situationen.

Dazu kommen noch die Nebenwirkungen der verschiedenen Medikamente.
Nehmen wir nur das Kortison:
Gefühlsschwankungen und schlaflose Nächte durch Kortison kennen wir alle.
Da reicht das Spektrum über „Lass mich in Ruhe!“ bis hin zu „Lass mich nur nicht allein!“ oder „Geh weg, aber halt mich fest“. Gelassenheit oder tiefstes Loch – Übellaunigkeit, Verkriechen oder Hyperaktivität. Ja sogar Zorn!
Alle Hochs und Tiefs werden durchwandert.
Alles – alles ist vertreten – Depression und Aggression.
Gewichtszunahme und Mondgesicht sind dabei nur Äußerlichkeiten. Aber sie tragen zum Gemütszustand bei und sorgen unter Umständen wieder für verletzende Kommentare aus unserem sozialen Umfeld.

Unser soziales Umfeld.
Es gibt diejenigen, die einen in Ruhe lassen. Was absolut in Ordnung ist. – Und solche, denen ungemein geistreiche Nettigkeiten einfallen, auf die ein Uveitispatient so gern verzichten kann.
Geistreiche Fragen voller Zynismus –
„Hast Du keinen Führerschein mehr?“ – Autofahren ist halt nicht möglich bei einer akuten Entzündung.
„Du grüßt wohl nicht mehr jeden?“ – Die Gesichter vertrauter Personen erkennt man schon auf geringere Entfernungen nicht mehr.
„Bist Du unter die Super-Stars gegangen?“ – Weil die Sonnenbrille auch an Tagen ohne Sonnenschein nötig ist.

Wenig aufmunternd sind auch die diversen Anspielungen auf das blaue Auge nach einer Kortisonspritze – da wird gnadenlos spekuliert und der vermutete Ehekrach ist da noch das Geringste.
Diese Liste der Anspielungen könnte ich noch lange weiter führen. Wie ich aus Gesprächen mit Patienten erfahre, gibt es Äußerungen, die wir uns kaum vorstellen können.

Leider ist man in diesen Fällen nicht immer schlagfertig genug, oder der Anstand verbietet einem die Antwort.
Um diese Kommentare wegzustecken, braucht man ein dickes Fell. Oder es passiert schon mal, dass man seine gute Erziehung vergisst!!!

Doch nicht alle unsere Mitmenschen sind über einen Kamm zu scheren. Doch während eines Uveitis-Schubes sind wir Uveitispatienten verletzlicher als im Normalfall. So manche, als Scherz gedachte, Äußerung trifft uns unerwartet hart. Es gelingt uns nicht, die Späße der Anderen zu verstehen, wir stecken zu tief in unserem Loch.
Jeder von uns fragt sich, wie geht es weiter. Wie viele Schübe kommen noch. Wie lange machen meine Augen das noch mit. Und kommt es irgendwann zur Blindheit.

Immer wieder höre ich von Betroffenen, dass sie durch
den Verlust von Flexibilität und Mobilität als ungeschickt und tollpatschig hingestellt werden.
Schnell wird man auch zum Alkoholiker abgestempelt, wenn durch das schlechte Sehen das Gleichgewicht so gestört ist, dass man beim Gehen ins Taumeln kommt.

Mein persönliches Fazit: Vieles wäre für uns einfacher, wenn die Uveitis den Bekanntheitsgrad einer Erkältung hätte.

Damit die Aufmerksamkeit für Uveitispatienten in der Öffentlichkeit weiter geschärft wird, sind Seminare und Informationsveranstaltungen notwendig, um zu informieren, aufzuklären und Patienten wie ihren Angehörigen Mut zu machen.

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